GIESSEN (fw). Nach ziemlich genau elfeinhalb Jahren im Herzen von Gießen hat das „Gutburgerlich“ einen Tag vor Silvester am 30. Dezember endgültig Zapfenstreich gemacht und es noch mal so richtig knallen lassen. Denn an diesem Tag gingen noch einmal unzählige Tims, Petras und Roberts über die Ladentheke. Mit diesem Tag endete auch eine lange Ära Gießener Gastronomiegeschichte. Die Betreiber Philipp, Dominik und Minas blicken zurück – und gespannt nach vorne. Gestern habe ich im Interview mit Philipp gesprochen und die letzten Jahre ein wenig Revue passieren lassen. Wir haben über vieles geredet, vor allem aber darüber, was aktuell passiert und was sich schon verändert hat und verändern wird. Voraussichtlich im Frühjahr sollen die neuen Räumlichkeiten in der Ludwigstraße bezogen werden – dort, wo vor vielen Monaten noch Cocktails nach Würfelpreis und Enchiladas im gleichnamigen Gastronomiebetrieb serviert wurden. Im Gutburgerlich hat mittlerweile ein Smashed-Burger Laden aufgemacht. „Pinky’s“ heißt er. Was es mit all dem auf sich hat, wann der neue Laden in der Ludwigstraße öffnet und wie es mit den drei Läden dann weitergeht? Das erfahrt ihr hier im Artikel.
Ein klarer Schnitt – aus gutem Grund
„Es war eine schwere Entscheidung, aber wir mussten jetzt einen klaren Cut machen,“ erklärt mir Philipp, während ich mit ihm bei einem wohltemperierten Cappuccino in der Weinhandlung Drossel & Specht sitze. „Ei komm isch trink, dann kannst du fahr’n“, steht draußen an der Scheibe. Für mich heute Nachmittag noch nicht relevant. Ich sitze zwar in einem Raum, in dem üblicherweise Alkohol ausgeschenkt wird, doch das Heißgetränk, was von nebenan kommt, vom Schwätzer & Söhne, ist ohne Schuss. Spaß beiseite. Irgendwie ist es echt beeindruckend, zu sehen, was sich die Jungs da aufgebaut haben.
Natürlich fahre ich fast jeden Tag an allen Läden vorbei, natürlich habe ich mir dort schon den einen oder anderen Burger genehmigt – und natürlich habe ich auch schon an einem Sommerabend um 23 Uhr meine Girocard gezückt um einen der letzten Ananas Express Cocktails des Abends zu ergattern. Aber jetzt nach unserem Gespräch wird mir das alles noch einmal bewusster. Ein Heißgetränk später kommen wir dann weiter zum eigentlichen Thema. Die Mietverträge für die Räumlichkeiten des „Gutburgerlich“ und die anderen zwei Läden laufen noch bis Mitte des Jahres, dennoch hat das Team die Schließung des Burgerladens bewusst vorgezogen. „Wir wollten nicht in eine Situation kommen, in der die Qualität leidet, weil wir uns wegen der Umbauarbeiten in der Ludwigstraße nicht mehr voll auf das Gutburgerlich konzentrieren können. Wir machen hier so viel selbst und mussten das Angebot reduzieren“
Der neue frische Wind in der Ludwigstraße
Bis ein Nachmieter für das „Gutburgerlich“ gefunden ist, wurde deshalb erstmal ein einfacheres Übergangskonzept umgesetzt. Das „Pinky’s“ war geboren. „Wir haben uns entschieden, auf Smashed Burger zu setzen – ein Trend, den wir schon länger beobachten und der gut ankommt,“ so Philipp. Die neuen Burger starten bei 8 Euro und man setzt wie gewohnt auf viele regionale Zutaten, wie Brötchen vom Handwerksbäcker Lambertz oder Fleisch von der Metzgerei Zach-Zach. „Unser Ziel ist es, damit ein unkompliziertes Angebot zu schaffen, das spontaner, günstiger und familienfreundlicher ist.“
Die reduzierte Komplexität gibt dem Team die Möglichkeit, den Fokus besser zu setzen. Besonders auf das kommende Lokal in der „Luddi“. Denn dort, in den ehemaligen Enchilada-Räumlichkeiten, entsteht ein umfangreiches Gastronomiekonzept mit Frühstücksangebot, Cocktailbar und einem klassischen Restaurantbetrieb: „Wir wollen das Beste aus beiden Welten vereinen – Frühstück, Weinhandlung und eine Cocktailbar. Das Gutburgerlich wird es so nicht mehr geben, aber vielleicht machen wir einen Burgertag.“ Quasi ein All-in-One Schwätzer & Söhne und Drossel & Specht. Ohne fest eingeplante Burger, dafür mit Restaurantgerichten. Seit längerem wird daran auch schon getüftelt. So wie am Inneren des Gebäudes. Bei dem laut Philipp schon kräftig gewerkelt wird: „Der Umbau ist in vollem Gange: Elektrik, Trockenbau und die Integration des neuen Konzepts laufen auf Hochtouren. Die Grundstruktur bleibt erhalten, aber wir drehen alles auf links. Wir werden den Innenhof und die Außengastronomie komplett nutzen, aber der Denkmalschutz stellt uns ab und zu auch vor einige Herausforderungen,“ verrät er. Insgesamt sei der neue Standort aber natürlich eine neue Chance, sich weiter zu verwirklichen. Wenn alles unter einem Dach ist, macht das auch vieles einfacher. Vorallem hätte man dort auch richtig viel Platz. Geplant ist die Eröffnung derzeit für Frühjahr 2025.
Abschied mit Wehmut und Stolz
Doch wie ist das so, nach so vielen Jahren sein „Baby“ zu verabschieden? Der Abschied vom Gutburgerlich war emotional, wie Philipp erzählt: „Der letzte Tag war ein besonderer Moment. Viele Gäste kamen noch einmal vorbei, und es flossen auch Tränen.“ Die Betreiber blicken mit Stolz auf das, was sie in dieser Ecke Gießens geschaffen haben. „Früher glaubte niemand an diese Lage. Jetzt ist es ein beliebter Treffpunkt geworden, und wir sind froh, hier einen Grundstein gelegt zu haben.“
Was wird auf den drei Läden, wenn alles umgezogen ist?
Auch für Partner und Kollegen haben Philipp und sein Team kreative Lösungen gefunden. So wird der Weinladen bald vorübergehend in den Unverpackt-Laden umziehen, während die Cocktail-Kreationen der „Ananas Express“-Jungs im „Schwätzer & Söhne“ eine neue Heimat finden. „Uns war wichtig, dass niemand mit seinem Konzept auf der Straße steht. Wir nutzen unsere Möglichkeiten so gut wie möglich.“ Ob es dann weiterhin gastronomische Angebote an der Ecke geben wird, ist jetzt noch unklar. Der Mietvertrag der Räumlichkeiten läuft noch bis Mitte des Jahres, und die Suche nach einem Nachmieter läuft auf Hochtouren. Was das am Ende sein wird, entscheidet schlussendlich die Vermieterin oder der Vermieter.