GIESSEN (fw). Seit fast zwei Jahrzehnten ist die Tom & Sally’s Salatbar fester Bestandteil des kulinarischen Angebotes in Gießen. Doch es sieht nicht gut aus für das Unternehmen, welches erst vor wenigen Monaten die Filiale am Bahnhof schweren Herzens schließen musste. Jetzt wurden die finanziellen Angelegenheiten, wie in einem solchen Verfahren meist üblich, an einen Insolvenzverwalter übergeben. Aber es geht weiter und es bestehe dennoch Hoffnung. Denn eine Insolvenz bedeutet nicht automatisch, dass direkt geschlossen werden muss. Zudem seien die Löhne für die nächsten drei Monate gesichert. Mit Lieferanten ist man auch in Gesprächen.
Rückblick, vergangene Woche. Der wohl schmerzlichste Schritt in der Unternehmensgeschichte von Tom & Sally’s. Geschäftsführer Tobias Voigt sammelt alle erforderlichen Unterlagen zusammen und stellt den Insolvenzantrag beim Amtsgericht Gießen. Die Ereignisse der vergangenen Jahre und Monate und die damit verbundenen Umsatzeinbrüche lassen ihm keine andere Wahl mehr. Erst die Pandemie, dann der Ukraine-Krieg – und jetzt die Baustellensituation in der Gießener Innenstadt. Für ihn einer der Hauptgründe für die aktuelle Situation: „Ich musste als Verantwortlicher die Reißleine ziehen, als ich gemerkt habe, dass die wirtschaftliche Situation es nicht mehr anders zulässt“, erzählt Voigt.
Tom & Sally’s: Umsatzeinbruch durch Baustellen?
Und das, obwohl es diesen Sommer eigentlich (mal) wieder bergauf gehen sollte. Und das tat es so weit auch. Das Catering-Geschäft florierte, dazu viele Veranstaltungen in der Stadt. Doch am Ende der nächste Rückschlag: „Ich kam diesen Sommer aus dem Urlaub, schaute mir die Umsätze an und bin aus allen Wolken gefallen. Ich möchte eigentlich nicht so dagegen schießen, da ich die Idee grundsätzlich positiv fand, aber es scheint wirklich so, dass viele Menschen aufgrund des Verkehrsversuchs die Innenstadt meiden“, sagt Voigt. Und das bekommt die Salatbar schmerzlich zu spüren. Das Geschäft lebe auch davon, dass Autos und Fahrräder die auf der Durchreise sind stehen bleiben und sich eine Mahlzeit abholen. Doch damit es damit nicht genug wäre, ist die Bleichstraße vor gut zwei Wochen zur Sackgasse geworden, weshalb sich die Lage nochmals zugespitzt hätte. Was auch für die kommenden Monate nicht gerade positiv in die Karten spielt, wenn es darum gehen wird, den Umsatz wieder auf ein Level zu bringen, um die Salatbar auch weiterhin wirtschaftlich zu betreiben und das Insolvenzverfahren abzuwenden.
Dabei trägt für ihn auch die Stadt Mitverantwortung für die örtlichen Gewerbe: „Weder Anwohner noch Gewerbetreibende wurden über anstehende Baustellensituationen informiert. Es gibt zwar eine Online-Plattform der Stadt Gießen, doch das muss man auch erstmal rechtzeitig wissen und sich dort während dem Tagesgeschäft auf dem Laufenden halten, was nicht immer einfach ist. Wir würden uns eine bessere Kommunikation und Zusammenarbeit mit der Stadt wünschen“, ist sich Voigt sicher, vielleicht besser hätte planen zu können, wenn der Informationsfluss transparenter gestaltet worden wäre. Er fügt hinzu: „Wenn dann noch Inflation und gesteigerte Einkaufspreise dazu kommen, wird es ganz ganz schwer“.
Verstärktes Home-Office auch ein Grund
Die Gründe für den Einbruch des Umsatzes liegen aber natürlich auch in der Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice. Was als Alternative während der Corona-Pandemie so richtig ins Rollen gekommen ist, ist für viele heute noch Alltag. Für Tom & Sally’s ist diese Entwicklung fatal, da der Salatbar-Kette damit die Großbestellungen in Unternehmen weggebrochen sind. Lieferengpässe von Lebensmitteln haben neue Entwicklungen von Rezepturen erfordert. Alle Entwicklungen zusammen haben dazu geführt, dass die Preise von Salat & Co. angezogen werden mussten, was den meisten Kunden auch einleuchtend ist, wenn man die Preise im Supermarkt betrachtet. Trotzdem ist die Kauflaune wegen dünnerer Portemonnaies bei vielen Menschen zeitgleich eingetrübt und belastet das Unternehmen weiter. Auf einzelnes Unverständnis bezüglich der Preiserhöhungen sagt Tobias Voigt: „Lebensmittelpreise sind stark angestiegen, das sieht jeder.
Schlechte Planung der Stadt? Auch Enchilada war kurz vor der Insolvenz
Besonders auffällig sei zudem das Vorankommen der Baustelle in der Ludwigstraße, in der abschnittsweise seit Jahresbeginn Rohre und Gasleitungen ausgetauscht werden. Es gäbe viele Zeiträume, in denen dort einfach gar nicht gearbeitet wird. Dem Inhaber ist aber auch bewusst, dass es auch im Baugewerbe derzeit zu Lieferengpässen und Personalmangel kommen kann. Dennoch: „Wir haben zuerst auf Nachfrage von der Stadt Information erhalten, dass der aktuelle Bauabschnitt in 6-8 Wochen abgeschlossen sein soll. Von der Baustellenleitung vor Ort war jedoch von Mitte Februar die Rede“, wundert sich Voigt über die verschiedenen Aussagen. Das die derzeitige Verkehrslage dem Einzelhandel und der Gastro zu schaden scheint, war auch in einem Artikel der Gießener Allgemeinen zu lesen, bei dem von starken Umsatzeinbrüchen der Galeria im Seltersweg die Rede war. Auch das Enchilada-Gießen meldete im Sommer Insolvenz an, das Verfahren konnte jedoch abgewendet werden. Auf der Internetpräsenz der mexikanischen Franchise-Kette ist zu lesen: „Aufgrund von Bauarbeiten rund um unser Gebäude haben wir bis Ende September vorübergehend geschlossen“.
Tom & Sally’s: Wie geht es weiter?
Derzeit sei man in Gesprächen und insbesondere im Austausch mit dem Insolvenzverwalter, betont Voigt. Primär wird es davon abhängig sein, dass viele Menschen bei Tom und Sally’s kaufen. Auch das Catering wird weiterhin forciert, da dieses aktuell sehr gut laufen würde. Der Inhaber hofft auf die Unterstützung alter und neuer Kunden: „Durch die vielen Baustellen kann man uns schwerer erreichen aber dafür nun umso besser kurz parken. In unserer nun „eingeschlafenen Dorfstraße“ statt dem sonst üblichen „Highway Bleichstraße“ vorbeizuschauen und sich gesund, leicht und lecker zu versorgen ist wichtiger denn je, damit es Tom & Sally’s in Gießen weiter geben kann“!
Schon im Frühjahr war klar das es vielleicht nicht ganz einfach werden könnte:
https://www.giessen-aktuell.de/tom-sallys-will-der-krise-trotzen.html