Am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) stand Ende August die industrielle Insektenzucht im Mittelpunkt einer Fachveranstaltung. Rund 80 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft folgten der Einladung des MIT-Kreisverbands Gießen. Im Fokus: Wie Insekten Landwirtschaft, Ernährung und Industrie nachhaltiger machen können und welche Chancen sich für die Region ergeben.
Insekten als Proteinquelle und Rohstofflieferant
Prof. Andreas Vilcinskas stellte die Insektenbiotechnologie als Baustein der hessischen Bioökonomie vor. Insekten liefern hochwertiges Eiweiß für Tierfutter und perspektivisch auch für Menschen; zugleich können Bestandteile als Rohstoffe für verschiedene Industrien dienen. Prof. Thomas Wilke zeigte, wie Insektenreste als Futter in der Garnelenzucht eingesetzt werden – ressourcenschonend und mit stabilem Proteinoutput. Unternehmerisch gedacht: Landwirte könnten mit dezentralen Insektenzuchten zusätzliche Einnahmen erzielen. Selbst der sogenannte „Fraß“ (Insektenabfälle) lässt sich weiter nutzen, etwa als Grundlage für CO₂-neutralen Beton.
Biorobotische Schwärme und Kooperation
Besonderes Interesse weckte die Kasseler Firma SWARM Bioactics: Sie entwickelt biorobotische Schwärme aus lebenden Kakerlaken, ausgestattet mit ultraleichten „Backpacks“ für Steuerung, Sensorik und Kommunikation. Einsatzfelder sind schwer zugängliche oder gefährliche Orte – von Industrieanlagen bis Katastrophenschutz. Am Ende des Abends vereinbarten Fraunhofer IME und SWARM Bioactics eine künftige Zusammenarbeit in Gießen. (Bei der Veranstaltung konnten die Gäste übrigens auch frittierte Heuschrecken probieren – ein praktischer Einblick in die Thematik.)
Chancen für die Region
Der MIT-Kreisvorsitzende Frank Ehnis sieht Gießen auf dem Weg zum Hotspot der Insektenforschung: Ansiedlungen wie entoSolutions oder SWARM Bioactics könnten Arbeitsplätze schaffen und die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft stärken. Stellvertreter Dominic Eser betonte die Kombination aus Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Skalierbarkeit – wichtig für langfristiges Wachstum in Mittelhessen.
Fazit: Die Veranstaltung zeigte: Insekten sind mehr als ein Nischenthema. Sie eröffnen realistische Optionen für nachhaltiges Futter, neue Materialien und tragfähige Geschäftsmodelle – mit konkretem Potenzial für Gießen und die Region.