GIESSEN (fw/pm). Heute, am 22. August 2025, blickt Gießen auf ein besonderes Jubiläum: Vor genau 700 Jahren, im Jahr 1325, erhielten die Bewohnerinnen und Bewohner der Neustadt die gleichen Rechte wie die Bürger innerhalb der Stadtmauern. Grundlage dafür war eine Urkunde, die Landgraf Otto von Hessen damals ausstellte – sie ist bis heute die älteste erhaltene im Stadtarchiv. Heute Vormittag haben wir dazu den Leiter des Gießener Stadtarchivs, Dr. Christian Pöpken, besucht und durften ihn in die „heiligen Katakomben“ der Stadt begleiten.
Das Dokument, kaum größer als eine Handfläche und auf Pergament niedergeschrieben, umfasst nur wenige lateinische Zeilen, war aber von großer Bedeutung. Darin wurde festgelegt, dass die Bewohner der Neustadt nicht stärker belastet werden sollten als die Altbürger. Damit bekamen jene, die außerhalb der engen Mauern lebten, rechtliche Gleichstellung und eine sichere Basis für ihre Lebensverhältnisse.

Die Neustadt war bereits 1307 erstmals erwähnt worden. Sie entstand, weil hinter den Gräben und Mauern der Altstadt kein Platz mehr für die wachsende Bevölkerung war. Vor einem der Stadttore entwickelte sich deshalb eine neue Siedlung, die 1325 mit den Bürgerrechten entscheidend aufgewertet wurde. Diese Gleichstellung erleichterte den Zuzug, belebte Handel und Gewerbe und spülte zusätzliches Geld in die Kasse der noch jungen Stadt Gießen. Für die Entwicklung war dies ein Meilenstein, der das Wachstum vorantrieb und die Stadt langfristig stärkte.
Die Urkunde selbst überstand die Jahrhunderte in Truhen, Kisten und sogar einem „eisernen Kasten“, wie ein Inventar von 1822 belegt. Heute wird sie als kostbares Dokument im Stadtarchiv verwahrt – vermodert, dünnhäutig und unscheinbar, aber von unschätzbarem historischen Wert.