GIESSEN (pm). Der November ist da. Die Tage werden kürzer, die dunkle Jahreszeit hat begonnen. Passend dazu luden Werkstattkirche und Kulturkirche zum siebten Bluesgottesdienst in die Kulturkirche St. Thomas Morus. Bluesgottesdienste sind anders. Die Kirche ist entsprechend der Jahreszeit spärlich ausgeleuchtet, der Altarraum in ein farbiges Licht getaucht. Hier predigt kein Pfarrer, sondern Menschen. Sie erzählen, was sie antreibt und was sie inspiriert. Sie berichten von ihren Hoffnungen und Ängsten.
Insofern dürfte man es eigentlich auch nicht Gottesdienst nennen, sondern Menschendienst, wie Intendant Jakob Handrack in seiner Begrüßung formulierte. Von so einem Menschendienst erzählte der Gast des Abends, Lukas Duraj. Im Gespräch mit Christoph Geist von der Werkstattkirche berichtete der 35jährige über seine Kindheit auf einem Bauernhof und seine daraus erwachsene Verbundenheit zur Natur und Umwelt. Mit seiner LUGREDU-Stiftung setzt er sich mit hoher Leidenschaft und ehrenamtlich für diese Themen ein.
Sich auf andere verlassen
Dazu gehören Gemeinschaftsprojekte wie Baumpflanzaktionen, und Umweltbildung für Kinder und Erwachsene durch Bildungsprogramme, Workshops und Veranstaltungen. „Ich möchte für einen
erantwortungsvollen Umgang mit der Natur sensibilisieren“, sagt Lukas Duraj. Sein Hauptaugenmerk liegt dabei auf Gemeinschaft. „Wenn Menschen gemeinsam etwas gestalten, miteinander reden und handeln, kann daraus Großes entstehen.“ So hat es der ehemalige Bundeswehrsoldat auch in seiner Zeit in Afghanistan erlebt. „Nur wenn Menschen sich aufeinander verlassen, können sie überleben.“ Um die Gemeinschaft zu stärken, hat Duraj extra eine „Gulaschkanone“ angeschafft. An den verschiedensten Orten und Anlässen steht er da, kocht Suppe und lädt die Menschen ein, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Musikalisch bereicherte das Paul-Simpson-Projekt aus der Region den Gottesdienst und
ransportierte die Hoffnung spendende Grundbotschaft an diesem Abend teils durch eigene Texte
weiter. Die atemberaubende Stimme von Jennifer Simpson füllte den Kirchenraum mit einer
Leichtigkeit, changierte zwischen nuanciert vorgetragenen zart-flüsternden Vibrato und
impulsiveren, rauen Tönen wie bei dem 1968 erschienen Rolling Stones Klassiker „Sympathie for
the Devil“, der die Frage nach dem „inneren Teufel“ thematisiert, einem wiederkehrenden
Leitmotiv des Blues. Andere Songs wie das zur Welthymne avancierte „Imagine“ von John Lennon
oder „Long As I Can See The Light“ von Creedence Clearwater Revival erklangen in der
Interpretation Simpsons erfrischend neu und belebend. Bernd Paul begleitete dazu an der Gitarre
behutsam und mit viel Gefühl.
Im Anschluss an den Gottesdienst lud der Förderverein der Kulturkirche St. Thomas Morus bei
einer heißen Suppe zum „Meet and Greet“ miteinander ins Gespräch zu kommen. Wer Lukas
Duraj kennenlernen möchte, hat dazu in den kommenden Wochen immer dienstags mittags
Gelegenheit auf dem Kirchenplatz. Dort steht er dann mit seiner Gulaschkanone und kocht für die
Menschen Suppe.