GIESSEN (fw). Wir waren gestern auf dem Gießener Weihnachtsmarkt und wurden dabei gegen 21 Uhr selber Zeuge eines vermutlich organisierten Spendenbetrugs. Mehrere Damen auf dem Weihnachtsmarkt sprachen Besucherinnen und Besucher an und fragten nach einer Spende. Mit dabei hatten sie Zettel auf einem Klemmbrett, mit der Aufschrift „Streetwork Suppenküche“.
Dreiste Betrugsmasche auf dem Gießener Weihnachtsmarkt. Mehrere Personen gaben sich gestern als Hilfsorganisation aus, die Warmes essen an Wohnungslose in Gießen verteilen würde. Viele Menschen spendeten teilweise Beträge zwischen 3 und 10 Euro. Auf den Zetteln waren bereits mehrere dutzend Unterschriften der Spender zu erkennen, was noch einmal zuzsätzlich seriösität ausstrahlte. Die Spendenbereitschaft war aufgrund des ausgeklügelten Vorgehens der Sammlerinnen sehr hoch. Im ersten Moment hielten auch wir diese Aktion für seriös. Doch nach persönlicher Nachfrage bei den beiden Damen kam heraus, dass diese keinerlei genauere Informationen über die Hilfsorganisation o.Ä. wiedergeben konnten. Man verwies uns auf eine Internetseite, die unter dem Suchbegriff „Streetwork Gießen“ als Erstes in den Google Ergebnissen angezeigt wurde. Dies war die Homepage der AJS Streetwork, eine Einrichtung für Jugendsozialarbeit in Gießen.
Nach unserer heutigen Recherche und Kontaktaufnahme bei verschiedenen Hilfsprogrammen und Organisationen in Gießen kam dann heraus, das Ganze war Betrug. Die AJS Streetwork teilte uns beispielsweise mit, dass von deren Seite aus keine Spenden auf dem Weihnachtsmarkt gesammelt werden. Auch weitere Aussagen der Tafel Gießen, der Obdachlosenhilfe Markus Machens und dem Inhaber des Glühweintreffs Lotz, bestätigen die Vermutung, dass es sich bei der Sammelaktion um eine Betrugsmasche handelt: „Es gibt in Gießen keine Streetwork Suppenküche. In den vergangenen Jahren gab es schon einmal Betrugsfälle, bei denen im Namen der Tafel Gießen auf dem Weihnachtsmarkt Spenden gesammelt wurden“, erzählt uns heute Morgen die Leiterin der Tafel Gießen, Anna Conrad. Auch der Inhaber des Glühweintreff Lotz hat das schon öfters beobachtet: „Diese Leute kommen fast jedes Jahr hierher und geben sich als Hilfsorganisation aus“, sagt auch André Lotz.
Doch was kann man tun, wenn man selber solch einen Vorfall beobachtet, oder sich unsicher ist, ob die Sammelaktion mit rechten Dingen zu geht? Das Polizeipräsidium Mittelhessen teilte uns auf Nachfrage mit: „Im Zweifel immer direkt die Polizei rufen. Wir werden an den nächsten Weihnachtsmarkttagen jedenfalls verstärkt darauf achten“. Noch ist also unklar, wer genau hinter diesen illegalen Spendenaktionen steckt. Solltet ihr solch ein Vorfall in den nächsten Tagen oder Wochenenden beobachten, empfiehlt die Polizei, diesen Betrug direkt zu melden.