GIESSEN (fw). Es war ein Zufallsfund, mit dem die beiden Gießener Ronnie Martin und Henrik Wienecke so nicht gerechnet hatten. Die Möbelspezialisten und Inhaber der Firma Martin vs. Wienecke, hatten im November 2023 bei einer Auktion des Bürgerhauses in Biedenkopf, das abgerissen werden sollte, ein riesiges Wandbild ersteigert. Sie wollten es als Rückwand für ihren Messestand in Köln nutzen. Doch was sie nicht ahnten: Sie hatten ein verschollenes Kunstwerk von Hein Heckroth erworben. Er war Oscarpreisträger und einer der berühmtesten Bühnenbildner des 20. Jahrhunderts.
Hein Heckroth, geboren 1901 in Gießen, war ein vielseitiger Künstler, der vor allem für seine innovativen Bühnenbilder und Kostüme für Theater, Oper und Film bekannt wurde. Er arbeitete mit Regisseuren wie Max Reinhardt, Bertolt Brecht und Michael Powell zusammen und gewann 1949 einen Oscar für das Szenenbild des Films “The red Shoes”. Er starb 1970 in den Niederlanden.
Das Wandbild für das Bürgerhaus in Biedenkopf war eines seiner letzten Werke. Es entstand im Auftrag seines langjährigen Freundes Hans-Jörg Kny, der das Gebäude entworfen hatte. Heckroth skizzierte ein abstraktes Motiv aus geometrischen Formen und leuchtenden Farben, das an seine expressionistischen Anfänge erinnerte. Das Gemälde bestand aus zehn einzelnen Elementen, die an einer Deckenschiene befestigt waren und sich wie ein Fächer auf- und zufalten ließen. Es maß 14 Meter in der Länge und 4,85 Meter in der Höhe. Ein Segment wiegt rund 180 Kg.
Fund von Hein Heckroth: Der Öffentlichkeit zugänglich machen
Doch das Kunstwerk blieb lange Zeit unerkannt und unbeachtet. Es wurde meist hinter einem Vorhang versteckt und nur selten bei besonderen Anlässen gezeigt. Niemand wusste mehr, wer der Urheber war oder welche Bedeutung es hatte. Erst als Martin und Wienecke das Bild in ihre Werkstatt in Gießen brachten, begannen sie zu recherchieren. Mit Hilfe des Gießener Vintagehändlers Philip Fust, der ihnen das Bild vermittelt hatte, und Dr. Marcus Kiefer von der Hein Heckroth Gesellschaft in Gießen, konnten sie die Herkunft und den historischen Wert des Bildes klären. Sie fanden Entwurfskizzen Heckroths im Archiv des Oberhessischen Museums und nahmen Kontakt mit seinem Enkel Jodi Routh in England auf, der ihnen aus den Tagebüchern Heckroths berichtete.
Die beiden waren überwältigt von ihrer Entdeckung. Sie entschieden sich das Bild nicht mehr auf der Messe zu zeigen, sondern es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie planen nun, es in ihrer Werkstatt auszustellen und es für Veranstaltungen und Führungen zu öffnen. Auch in Zusammenhang mit der Gießener Kulturnacht im Mai. Sie wollen auch eine Dokumentation über das Bild und seine Geschichte erstellen. Sie hoffen, dass das Bild so die Anerkennung bekommt, die es verdient, und dass es das Andenken an Hein Heckroth lebendig hält. “Wir sind sehr glücklich, dass wir dieses Kunstwerk gerettet haben”, sagt Martin. “Es ist ein Vermächtnis Heckroths, das nicht verloren gehen darf. Es ist ein Teil der Kulturgeschichte unserer Region, die wir bewahren und weitergeben wollen“.