GIESSEN (fw). Jakob Nolte aus Laubach ist mit seinen gerade einmal 23 Jahren voll im Geschäft. Er ist studierter Biologe, leidenschaftlicher Botaniker, Biodiversitätsspezialist und Botschafter der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen, als auch Dozent an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er gewann 2021 den Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ und sein Abi hat er mit der Note 0,8 abgeschlossen. Mit seiner Expertise arbeitet er mit zahlreichen Institutionen in ganz Deutschland zusammen und entwickelt dort Projekte zur Biodiversität und Wiederherstellung von Ökosystemen. Eines seiner Spezialgebiete ist die grüne Bepflanzung von Hausfassaden und Dächern. Zu dieser Thematik hielt der junge Forscher am gestrigen Abend einen Vortrag im Schuhhaus Darré, welcher vom MIT-Kreisverband Gießen (Mittelstands- und Wirtschaftsunion) initiiert wurde.
Gastgeber Heinz-Jörg Ebert vom Schuhhaus Darré übergab zusammen mit dem MIT-Vorsitzenden Frank Ehnis nach der Begrüßung das Wort an den Botanik-Spezialisten zu einem hochinteressanten Vortrag, welcher Impulse für ein lebenswertes Gießen von morgen geben sollte. Gekommen waren mehr als 50 Gäste, unter anderem auch zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Baugewerbe und der Immobilienbranche.
„Meine ersten Worte waren Baum und Blume”
Schon zu Beginn des Vortrags wird schnell klar, Jakob ist Botaniker durch und durch. Zunächst zeigt er einige seiner Projekte, die er in den vergangenen Jahren umgesetzt hat. Verschiedene Biodiversitäts-Aktionen, wie die Begrünung eines Radwegs in seinem Heimatort Laubach. Im letzten September war er auf Forschungsexpedition im Amazonas-Regenwald. Um nur einige wenige zu nennen. Auch im Fernsehen war der 23-Jährige das ein oder andere Mal zu Gast. Er ist viel unterwegs, in ganz Europa. Und gibt zu verstehen: „Ich hatte mit meinen 23 Jahren durchaus schon einige Möglichkeiten, meine Leidenschaft für Botanik zu den Menschen zu bringen. Und das ist auch eigentlich meine große Lebensaufgabe. Meine ersten Worte waren Baum und Blume. Und als der Weihnachtsbaum das Haus erreichte, war ich ganz fasziniert, dass man Bäume auch ins Haus stellen kann“. Das Publikum schmunzelt. Ist aber vor allen Dingen gespannt, was die kommenden zwei Stunden so bringen werden.
Inhaltlich hat Jakob vier große Schwerpunkte. Biodiversität, Landwirtschaft, Amazonas – und das Thema, worum es hauptsächlich in dem Vortrag am gestrigen Abend gehen sollte: neue Urbanität und Klima angepasste und lebenswerte Städte. Jakob ist alle drei Wochen in Berlin, um Projekte in dieser Richtung voranzubringen. Es geht um Flächenbegrünungen, Dach- und Fassadenbegrünungen. Städte heizen sich immer weiter auf. Das liegt nicht nur an der stetigen Klimaerwärmung, sondern auch an den immer dichter besiedelten urbanen Lebensräumen.
Inspirationen für ein lebenswertes Gießen
Ein besonderes Stichwort ist hierbei der Begriff Transpirationskühlung. Bäume und Pflanzen verdunsten über den Tag eine große Menge Wasser. Bei großen Bäumen können das pro Tag mehr als 200 Liter sein. Dem Baum und der Umgebungsluft wird durch diese Verdunstung Wärme entzogen, es entsteht Verdunstungskälte und die Oberflächen der Pflanzen kühlen sich ab. Für diesen Vorgang wird aber auch eine gewisse Menge an Wasser benötigt. Damit das funktioniert, weist Jakob Nolte darauf hin, dass es in diesem Zusammenhang besonders wichtig sei, Wasser auf dem Land und in der Stadt, bspw. Regenwasser, zu speichern, um bei hohen Temperaturen dieses für die Bewässerung nutzen zu können. So könnten Gebäude in Innenstädten und urbane Räume im Allgemeinen abgekühlt werden. Das ist wichtig, denn im Sommer entstehen sogenannte „Heat Islands“. Städte können sich kaum abkühlen, der Wind hat es schwer, sich zwischen den Gebäuden den Weg in einzelne Bereiche zu bahnen. Wie das konkret aussehen kann, zeigte Nolte in einigen Beispielen, bei denen er teilweise auch selbst mitgewirkt hat.
Er zeigte verschiedenste Konzepte. Von einem großen Dachgarten auf einem Feuerwehrstützpunkt, eine Hausfassade mit rankenden Pflanzen, bis hin zu großflächigen Begrünungen in Innenhöfen, gab es viel Inspiration und Impulse für die Zuhörerinnen und Zuhörer. Zum Kernthema „Begrünung der Innenstadt für ein lebenswertes Gießen, in welchem sich eine Investition in den Einzelhandel und in die Gastronomie lohnt“, gab es deshalb zahlreiche Denkanstöße für viele der anwesenden Personen, um die Aufenthaltsqualität in der Universitätsstadt Gießen zukünftig zu erhöhen.