GIESSEN (fw). Gießen will sicherer werden. Mit einem umfassenden Maßnahmenpaket plant die Stadtverwaltung, sowohl objektiv als auch subjektiv für mehr Sicherheit zu sorgen. Am heutigen Montag haben Bürgermeister Alexander Wright und der Leiter des Ordnungsamtes Alexander Streiß den neuen Masterplan Kommunale Sicherheit der Presse präsentiert. Dieser wird heute Abend im zuständigen Ausschuss vorgestellt.
Der Maßnahmenkatalog enthält zahlreiche Pläne und Änderungen. Unter anderem wird die Ordnungspolizei in Stadtpolizei umbenannt, Angsträume sollen durch bessere Beleuchtung und den Rückschnitt von Pflanzen entschärft werden, Videoüberwachung wird ausgeweitet, und auf Veranstaltungen soll es mehr Präsenz durch Sicherheitskräfte geben.
Ordnungspolizei wird zur Stadtpolizei
Eine der sichtbarsten Änderungen ist die Umbenennung der Ordnungspolizei in Stadtpolizei. Die Stadt verfolgt damit mehrere Ziele. Zum einen soll die Zuständigkeit klarer definiert werden. Der Begriff Stadtpolizei verdeutlicht, dass es sich um eine kommunale Sicherheitsbehörde handelt, die sich von der Landes- und Bundespolizei unterscheidet. Das erste Fahrzeug wurde bereits mit dem neuen Schriftzug versehen.
Zum anderen soll das Sicherheitsgefühl der Bürger verbessert werden. Die Stadtpolizei erhält erweiterte Befugnisse im Bereich der Gefahrenabwehr und kann in bestimmten Situationen Aufgaben übernehmen, die bisher der Landespolizei vorbehalten waren. Die Stadtverwaltung betont, dass es sich dabei um eine Professionalisierung der bisherigen Ordnungspolizei handelt.
Ein weiterer Grund für die Namensänderung ist historischer Natur. Der Begriff Ordnungspolizei wurde in der NS-Zeit verwendet und ist daher negativ belastet. Durch die neue Bezeichnung will die Stadt einen modernen, demokratischen Sicherheitsdienst schaffen, der von der Bevölkerung besser akzeptiert wird.
Mehr Sicherheit an Angsträumen durch Beleuchtung und Überwachung
Bestimmte Orte in Gießen werden von vielen Menschen als unsicher empfunden, vor allem in den Abend- und Nachtstunden. Diese sogenannten Angsträume stehen ebenfalls im Fokus der Stadtverwaltung.
Bereits in der Vergangenheit wurden problematische Orte durch eine Umfrage ermittelt. Besonders genannt wurden dabei die Unterführungen an der Sieboldstraße und Stephanstraße, das Lahnufer im Bereich „Zu den Mühlen“, der Theaterpark sowie verschiedene dunkle Gassen und Hinterhöfe. Um die Sicherheit zu erhöhen, sollen diese Orte besser ausgeleuchtet werden. Zusätzlich werden Hecken und Büsche zurückgeschnitten, um eine bessere Sichtbarkeit zu ermöglichen.
Neben baulichen Maßnahmen will die Stadt auf mehr Videoüberwachung setzen. In Gießen gibt es bereits an mehreren Orten Kameras, unter anderem am Bahnhofsvorplatz und an der Walltorstraße. Jetzt sollen weitere Kriminalitätsschwerpunkte überwacht werden. Die Stadtpolizei kann dann die Aufnahmen in ihrer Leitstelle live verfolgen und ggf. Maßnahmen ergreifen. Laut Bürgermeister Wright soll die Videoüberwachung am Kirchenplatz noch dieses Jahr beginnen.
Laut der Stadtverwaltung haben die bisherigen Kameras positive Effekte gezeigt. Sie helfen nicht nur bei der Aufklärung von Straftaten, sondern schrecken auch potenzielle Täter ab. Gleichzeitig gibt es jedoch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Überwachung im öffentlichen Raum.
Mehr Kontrolle bei Veranstaltungen
Sicherheit spielt nicht nur im Alltag, sondern auch bei Veranstaltungen eine große Rolle. Die Stadt will bei großen Festen in der Innenstadt die Sicherheitsmaßnahmen verstärken.
Dafür wird die Mobile Wache häufiger eingesetzt. Dieses Fahrzeug dient als Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger und gleichzeitig als Einsatzzentrale für Ordnungskräfte. Besonders an Orten mit hohem Konfliktpotenzial, wie dem Marktplatz oder Kirchenplatz, soll die Mobile Wache verstärkt Präsenz zeigen. Dort gibt es immer wieder Probleme mit Alkohol- und Drogenszenen.
Ein weiteres Sicherheitsinstrument sind mobile Zufahrtssperren. Diese sollen verhindern, dass Fahrzeuge unkontrolliert in Menschenmengen fahren können. In den letzten Jahren haben Anschläge mit Fahrzeugen in anderen Städten gezeigt, dass solche Sperren eine wirksame Schutzmaßnahme sein können.
Neben diesen Maßnahmen werden auf Veranstaltungen verstärkt Kontrollen durchgeführt. Dabei geht es nicht nur um den Jugendschutz, sondern auch um das Waffenrecht und die Einhaltung der Cannabis-Gesetze.
Bodycams und Waffenverbotszone in Planung
Die Stadt prüft zudem die Einführung von Bodycams für die Stadtpolizei. Diese kleinen Kameras, die an der Uniform getragen werden, sollen für mehr Sicherheit sorgen und gleichzeitig Einsätze dokumentieren. Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass allein das Wissen um eine laufende Kamera deeskalierend wirken kann. Gleichzeitig dienen die Aufnahmen als Beweismittel in Konfliktsituationen.
Die Aufzeichnungen dürfen jedoch nur unter bestimmten Bedingungen erfolgen. Geplant ist, dass die Kameras erst dann aktiviert werden, wenn eine gefährliche oder konfliktträchtige Situation vorliegt. Die Daten sollen verschlüsselt gespeichert und nach einer bestimmten Frist automatisch gelöscht werden.
Ein weiteres Thema, das derzeit geprüft wird, ist die Einrichtung einer Waffenverbotszone. Seit Ende 2024 hat Gießen die Möglichkeit, eine solche Zone eigenständig anzuordnen. Dabei geht es um Orte, an denen es wiederholt zu Straftaten mit Messern oder anderen gefährlichen Gegenständen gekommen ist.
Eine Waffenverbotszone bedeutet nicht automatisch, dass Waffen an diesen Orten nicht mehr vorhanden sind. Die Stadtverwaltung betont, dass die Maßnahme nur in Kombination mit regelmäßigen Kontrollen wirksam sein kann. Ziel ist es, Straftaten mit gefährlichen Gegenständen zu reduzieren und das Sicherheitsgefühl der Bürger zu erhöhen.
Ein langfristiges Konzept
Der Masterplan zur kommunalen Sicherheit ist keine einmalige Maßnahme, sondern ein langfristiges Konzept. Neben den genannten Punkten enthält er zahlreiche weitere Maßnahmen. Dazu gehören Anpassungen in der Gefahrenabwehrverordnung, neue Verkehrsüberwachungen und eine engere Zusammenarbeit mit der Landespolizei.
Die Stadtverwaltung betont, dass der Masterplan kontinuierlich weiterentwickelt wird. Heute Abend wird der Ausschuss über die geplanten Maßnahmen beraten. Es bleibt abzuwarten, welche Punkte schnell umgesetzt werden – und welche noch für Diskussionen sorgen.