GIEßEN (fw). Gießen hält an der geplanten Kindertagesstätte im Seltersweg fest. Das stellte Stadträtin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) in einer heute versendeten öffentlichen Erklärung klar. Die Stadt will die Räume, die ursprünglich von der Lebenshilfe als Trägerorganisation genutzt werden sollten, notfalls selbst betreiben. Der Standort sei zentral, gut geeignet und angesichts des wachsenden Bedarfs an Betreuungsplätzen unverzichtbar.
27.000 Euro monatlich für leerstehende Kita-Räume
Verschiedene Medien hatten in dieser Woche berichtet, dass die Stadt Gießen aktuell rund 27.000 Euro monatlich für die leerstehenden Räume zahlt – inklusive Nebenkosten. Diese Zahl, bereits zuvor öffentlich bekannt, wurde in der Stadtverordnetenversammlung auf Nachfrage durch die Verwaltung bestätigt. Die Berichte lösten vorallem in den Social-Media-Kommentarspalten der Medien Empörung aus.
Weigel-Greilich verteidigte die Entscheidung: Der Rückzug der Lebenshilfe als Träger im November 2024 sei völlig überraschend gekommen. Die Stadt habe daraufhin schnell reagiert und den Mietvertrag übernommen, um das Projekt nicht zu gefährden. Die Höhe der Miete sei für neu ausgebaute, speziell hergerichtete Räume in zentraler Lage marktüblich. Aussagen über überhöhte Kosten seien nicht zutreffend.
Stadt prüft Eigenbetrieb – Suche nach Träger läuft parallel
Weil sich bislang kein alternativer freier Träger gefunden hat, bereitet sich die Stadt nun auf einen möglichen Eigenbetrieb der Kita vor. Die Ausstattung wird beschafft, neue Personalstellen werden geprüft. Parallel laufe die Trägersuche weiter. Ziel bleibe es, die Einrichtung möglichst bald zu öffnen.
Weigel-Greilich warnte davor, die Debatte zu skandalisieren. Der aktuelle Leerstand sei keine Folge von Planungsfehlern, sondern der zeitlichen Abfolge. Auch die Lebenshilfe hätte die Räume nicht vor dem vollständigen Innenausbau beziehen können. Dass sich die Bau- und Ausstattungsphase nun verlängert, sei bedauerlich, aber kein Ausnahmefall.
Kita Seltersweg als Teil eines Leuchtturmprojekts
Die Immobilie am Seltersweg war im Rahmen eines sogenannten Leuchtturmprojekts des Bauunternehmens Faber & Schnepp umgebaut worden. Neben der Kita sollten dort eine Uni-Zweigbibliothek, Wohnungen und Büros Platz finden. Ersteres wurde bereits eröffnet. Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD) hatte das Projekt als Vorhaben mit „hoher Strahlkraft“ bezeichnet.
Die Stadt sieht die geplante Kita auch als Beitrag zur sozialen Infrastruktur der Innenstadt. „Kinderbetreuung darf nicht unter schlechteren Bedingungen stattfinden als Gastronomie oder Einzelhandel“, sagte Weigel-Greilich. Der Standort sei bewusst gewählt worden – nicht nur für Familien, sondern auch für die Belebung des Stadtzentrums. Bis zur Eröffnung werde zudem geprüft, ob eine vorübergehende Nutzung der Räume für soziale Zwecke möglich ist. An dem Ziel, die Kita im Seltersweg zu verwirklichen, will die Stadt jedenfalls festhalten. Der Mietvertrag läuft noch bis zum 31. Dezember 2039.